Das Champagnerhaus Louis Nicaise ist in Hautvillers ansässig, nur 5,5km nördlich von Épernay, ist als Mitglied der Vigneron Indépendant und mit nur 9,12ha Rebfläche einer der kleinsten Erzeuger, weit entfernt von den großen Marken. Im Jahr 1928 gegründet, wird es heute in der 4. Generation von Laure Nicaise und ihrem Mann Clément geleitet.
Mehr lesenDas Champagnerhaus Louis Nicaise ist in Hautvillers ansässig, nur 5,5km nördlich von Épernay, ist als Mitglied der Vigneron Indépendant und mit nur 9,12ha Rebfläche einer der kleinsten Erzeuger, weit entfernt von den großen Marken. Im Jahr 1928 gegründet, wird es heute in der 4. Generation von Laure Nicaise und ihrem Mann Clément geleitet.
Doch hier endet auch schon der 'normale' Teil der Familiengeschichte, denn was folgt ist alles andere als gewöhnlich. Schon die Lage des Guts, nicht weit entfernt von den berühmten Weingärten des Dom Pérignon, lassen aufhorchen, denn man besitzt ausschließlich Premier Cru-Lagen. Der zweite ungewöhnliche Faktor ist die enge Verbindung mit einem der aktuellen Champagner-Götter, Anselme Selosse, bei dem Laure jahrelang in die Lehre ging. Und drittens hat Laures Großvater schon mit dem naturnahen Anbau begonnen, so dass die Rebstöcke von Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier sehr gesundes Lesegut hervorbringen. Das Terroir in Hautvillers ist legendär mit seinen Kalkstein-, Schiefer- und Lehm-Kalkböden, die Vinifizierung rein handwerklich. Hier beginnt ein aufgehender Stern der Champagner bereits hell zu funkeln, nur bei der Preisgestaltung bleibt man dem ländlichen Boden verhaftet.
"Es ist sicher für viele Champagner-Liebhaber ein Traum, wie Sie, in der Champagne aufzuwachsen. Wann hatten Sie den ersten Kontakt zum Champagner?
„Im Geburtshaus. Man nennt es die ‘Champagner Taufe’. Dem Neugeborenen gießt man einen Tropfen Champagner auf die Stirn. Die ersten richtigen Erinnerungen stammen aus der Zeit meiner Jugend, als mein Vater mir anhand guter Champagner-Jahrgänge – von uns und anderen Häusern – Geschichten erzählte.“
War es eigentlich von Anfang an klar, dass Sie in die Fußstapfen ihres Vaters und Großvaters treten wollten?
„Es war schon sehr früh eine Selbstverständlichkeit, dass ich das Familienweingut übernehmen würde. Mit fünf Jahren war mir das bereits klar! Mein Vater und mein Großvater freute es – bald nach dem Abi begann schon meine Ausbildung. Das sind großartige Erinnerungen für mich!“
Zum Thema Terroir versus Vinifikation. Wo entsteht ein meisterlicher Champagner? Im Weinberg oder im Keller?
„Grundlegend ist auf jeden Fall das Terroir, also der Weinberg. Das ist das A und O für gute und gesunde Trauben. Ich bin ein Verfechter der Idee, dass man den Wein ‚leben lassen‘ muss. Man darf bei der Vinifizierung nicht zu sehr eingreifen, sonst entstellt man den Wein. Sonst wird der Champagner zu einem standardisierten Produkt und drückt nicht das Terroir von Hautvillers aus! Im Keller ist es nicht nötig, große Anstrengungen zu unternehmen. Einer der Höhepunkte hingegen ist für uns die Weinlese. Dann gehe ich mit meinem Mann Clément und meinem Vater jeden Tag in den Weinberg, um die Trauben jeder Parzelle zu kosten. Und dann sind sie einem Tag zu sauer, an dem anderen zu süß. Wir reden hier also von echter Maßarbeit!“
Sie sind bei Anselme Selosse im die Schule gegangen. Wie groß war der Einfluss dieses charismatischen Winzers?
„Ich habe Anselme während einer Besichtigung an meiner Schule kennengelernt. Sofort mochte ich seine sehr menschliche, sehr poetische Art und Weise, wie er sich als Winzer vorstellte. Als ich nach dem Studium dann bei ihm anfing, habe ich etwas fürs Leben gelernt, denn er praktiziert echten Austausch. Er geht weiter als viele andere Winzer. Beispielsweise probiert man bei ihm die Hefe – andere werfen sie einfach weg! Manchmal sagte er zu mir: „Du irrst dich. Steckt dein Finger da rein und probiere!“. Noch heute behalte ich die Hefe meiner Champagner. Anselme und ich sind seit dieser Zeit in Kontakt geblieben.“
Man hat den Eindruck, in der Champagne gibt es eine Renaissance der kleinen Produzenten. Ist die Übermacht der Big Player nicht erdrückend?
„Unsere Maßstäbe sind nicht vergleichbar. Die Produktion jeder unserer Cuvées ist auf rund 1.000-2.000 Flaschen begrenzt. Dom Pérignon stellt ungefähr 5.000.000 Flaschen her. Auch wenn der Champagner letztendlich ein Luxusprodukt bleibt - durch ihre ökonomische Macht werten uns die großen Häuser auch auf. Sie werben für uns und schaffen es so, neue Märkte zu erschließen.“
Wie kommt eigentlich eine persönliche Handschrift in den Wein? Was ist ihr Modell des echten Champagners?
„Ich behaupte nicht, dass ich besser bin als die anderen! Mein Familie und ich haben das Glück, Premier Cru-Weinberge in Hautvillers zu besitzen. Daher können wir unsere Champagner sehr rein vinifizieren und bleiben Parzelle um Parzelle jedem Mikro-Terroir treu. Wir versuchen dann durch das Zusammenfügen vieler kleiner Lesen, die Aromen des unterschiedlichen Terroirs zu erhalten und danach zu einer Cuvée zu assemblieren. Fast schon wie ein Parfümeur. Vielleicht kann man es so zusammenfassen: Jeder unserer Champagner hat seinen eigenen Stil, trotzdem sind sie alle fruchtig, elegant und dezent, wobei sie immer dem Terroir treu bleiben müssen.“
Es gibt gerade einen regelrechten Boom bei Rosé-Champagner. Zu Recht, oder ist das vor allem eine Marketing-Strategie?
„Seit kurzem erlebt man tatsächlich eine echte Begeisterung für Rosé. Am Anfang wurde er eher von Frauen gekauft. Aber jetzt sind es auch die Männer, die seinen Geschmack wertschätzen, der fruchtiger ist, als bei den weißen Champagnern!“
Welchen Champagner von Ihnen und anderen Winzern trinken sie am liebsten?
„Mein Lieblingsweingut gehört guten Freunden: Berêche & Fils! Ihre Weine stehen hoch im Kurs. Vincent und Raphaël sind meine besten Freunde. Wenn ich unsicher bin oder Fragen haben, telefonieren wir miteinander, schauen vorbei und probieren unsere Champagner. Die Meinung von Außenstehenden, an die ich glaube, ist sehr wichtig. Was unsere Champagner betrifft, liebe ich den Premier Cru Réserve Brut für seine Frische und natürlich den Louis par Laure, für seine Ausgewogenheit, seine Reinheit und Harmonie. Und für einen köstlichen Aperitif mit Freunden gibt es nichts Besseres als unseren Blanc de Blancs Brut!“
Eine ganz praktische Frage. Wie lange halten die Champagner ohne Jahrgang nach der Abfüllung und gibt es dabei eine Entwicklung auf der Flasche?
„Das hängt von der Art der Lagerung ab. Brut Réserve und Rosé können gut 2 Jahre im Keller bleiben. Sie entwickeln dann Aromen nach Oxydation oder reifen Früchten. Damit werden zwar wenige Kunden rechnen – aber das sind keineswegs irgendwelche Macken!“
Haben Sie vielleicht ein Familien-Rezept für unsere Kunden. Was ist das traditionelle Sonntagsessen? Wozu passen Ihre Champagner am besten?
„Der Stiefvater meines Mannes Clément kocht ein sagenhaftes Bresse-Huhn in Morchelsauce, das ist ein wunderschönes Sonntagsessen! Dazu passt perfekt der Louis par Laure. Der Nicaise Premier Cru Réserve Brut ist ein herrlicher Aperitif, ich serviere gerne etwas Bündnerfleisch dazu, das ist einfach köstlich! Oder probieren Sie eine Entenbrust in Orangensauce mit dem Nicaise Premier Cru Rosé Brut!“"