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Schaumweinsteuer - ein prickelndes Relikt!

Sekt geht bekanntlich immer. Doch wussten Sie, dass Sie mit jeder gekauften Flasche 1,02 Euro Schaumweinsteuer an den Fiskus zahlen? Der Grund ist längst Geschichte, aber die Steuer sprudelt heute mehr denn je. Erfahren Sie die Hintergründe!

Landläufig ist die Schaumweinsteuer auch als Sektsteuer bekannt. Sie wird fällig, sobald eine Flasche des Schäumers das Weingut oder die Sektkellerei verlässt. Theoretisch bezahlt der Winzer, praktisch aber begleicht sie neben der Mehrwertsteuer der Verbraucher beim Bezahlen an der Kasse. Um zu verstehen, wie es dazu kam und warum die Finanzminister sie lieben, werfen wir einen Blick in die Vergangenheit.

Schaumweinsteuer: Trinken für den Kaiser

Diese fast unglaubliche Geschichte beginnt in der Zeit des ehemaligen deutschen Kaiserreiches. Was tut ein Kaiser, dem das Geld ausgeht? Richtig, er führt Steuern ein, um seine Ideen und Projekte zu verwirklichen. Kaiser Wilhelm II. musste 1902 nicht lange überlegen: Eine Steuer auf Luxusgüter war die perfekte Lösung, um zusätzliche Einnahmequellen zu generieren. Da perlender Wein als glamourös galt und damals bereits das Lieblingsgetränk der Deutschen war, wurde der Verkauf von Sekt kurzerhand mit einer Sondersteuer belegt. Es war die Geburtsstunde der Schaumweinsteuer.

Sektglas auf einem festlich gedeckten Tisch

Die neue Abgabe galt fortan im ganzen Land und löste die bis dato geltende regionale Weinbesteuerung ab. Auf den Ladenpreis einer Flasche Sekt kamen nun weitere fünfzig Pfennig dazu. Viel Geld, doch die Deutschen beschwerten sich nicht, und genossen Schaumwein weiterhin in großen Mengen. Und so konnte der Regent unter anderem seine Kriegsmarine weiter aufstocken sowie den Bau des Nord-Ostsee-Kanals, der ursprünglich Kaiser-Wilhelm-Kanal hieß, finanzieren.

Frachtschiffe fahren auf dem Nord-Ostsee-Kanal
Mit der Schaumweinsteuer finanzierte man einst den Bau des Nord-Ostsee-Kanals.

Schaumweinsteuer im Wandel der Zeit

Nach dem Ersten Weltkrieg stiegen die Verbraucherpreise durch die eintretende Inflation rapide an. Auch für den Sekt sah es schlecht aus, denn die Bevölkerung konnte sich Luxusgüter kaum mehr leisten. Die Folge waren einbrechende Verkaufszahlen, was die Regierung 1933 dazu bewog, die Schaumweinsteuer zunächst auszusetzen. Das Konzept ging auf, der Konsum legte abermals zu und Arbeitsplätze in der Branche konnten erhalten werden. 

Doch einige Jahre später befand sich Deutschland erneut im Kriegszustand. So wundert es kaum, dass dem Fiskus die einst recht erfolgreiche Schaumweinsteuer erneut einfiel. Schon kurz nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde der Sektverkauf mit einer Reichsmark pro Flasche extra belegt. Die Einnahmen dienten auch diesmal dazu, die Kosten für die Marine mitzufinanzieren.

Geschichte vergeht - die Schaumweinsteuer bleibt

In der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland diskutierten die Staatsmänner 1950 kurzzeitig über die Abschaffung der historischen Schaumweinsteuer. Allerdings mochte vor allen Dingen das Finanzministerium nicht auf die konstant sprudelnde Geldquelle verzichten. Also führte 1952 das neue deutsche Schaumweinsteuergesetz die Besteuerung mit zeitweise 1,50 Deutsche Mark pro Flasche wie gewohnt weiter. Allerdings wurden die Einnahmen nun für den Wiederaufbau des schwerbeschädigten Landes verwendet. 

Bis dato war die Steuer zweckgebunden, was sich im Zuge der EU-weiten Verbrauchssteuerangleichung im Jahre 1993 änderte. Seitdem existiert die Schaumweinsteuer als sogenannte versteckte, zweckungebundene Verbrauchssteuer. Mit jedem Verkauf einer 0,75-Liter-Flasche ab Hof sind 1,02 Euro sofort fällig und bereits im Endverbraucherpreis inkludiert. Und das lohnt sich, denn alleine 2020 spülte die Schaumweinsteuer stolze 405 Millionen Euro in die Staatskasse, die beliebig vom Staat verwendet werden können.

Euromünzen, die gestapelt sind, um die Schaumweinsteuer zu versinnbildlichen
Für jede Flasche Schaumwein sind 1,02 Euro Sektsteuer fällig.

Aber was gilt als Schaumwein?

Nicht alles, was perlt und Kohlensäure aufweist, ist automatisch für den Staat ein Schäumer. Laut Gesetz gelten nur diejenigen Weine als voll prickelnde Weine,  

  • die in Flaschen mit Schaumweinstopfen, der mittels einer besonderen Haltevorrichtung wie Agraffe, also dem Drahtgestell, gesichert sind. 
  • bei denen in der Flasche bei +20 Grad Celsius ein durch das gelöste Kohlendioxid entstandener Überdruck von mindestens drei bar oder mehr vorhanden ist (Vollprickler).
  • deren durch eine Gärung entstandener Alkoholgehalt zwischen 12 und 15 Volumenprozent beträgt. 

So kommt es, dass Perlweine wie Prosecco, Seccos und Frizzantes von der Schaumweinsteuer befreit sind, da sie einen Kohlensäuredruck von unter drei bar haben. Sie werden vom Fiskus ignoriert!

Eine Gruppe fröhlicher Menschen lässt den Korken einer Schaumweinflasche knallen
Nur wenn's richtig schäumt ist auch die Schaumweinsteuer fällig.

Wie werden Prickler besteuert?

Interessanterweise richtet sich die Abgabe im Gegensatz zur Alkoholsteuer nicht nach der Alkoholmenge des Getränkes. Entscheidend ist die Menge beziehungsweise Größe des fertigen Produkts unter Berücksichtigung des jeweiligen Alkoholgehalts. Je nach Gefäß muss der Abgabewert anteilig berechnet werden. So gilt für die gängige 0,75-Liter-Flasche folgende gut zu merkende Einteilung:

  • Schaumweine ab 6 Volumenprozent Alkohol entrichten 1,02 Euro
  • Schaumweine unter 6 Volumenprozent Alkohol entrichten 0,38 Euro 
Visual der Champagner-Kampagne bei Wine in Black

Jeder Vollprickler zahlt die Schaumweinsteuer!

Da die staatliche Abgabe die Herstellungsmethode völlig ignoriert, bezahlen sowohl die mit zugesetzter Kohlensäure erzeugten als auch die tankvergärten Schaumweine den gleichen Betrag wie ein aufwändig hergestellter, flaschenvergärter Winzersekt. Dabei ist es unwichtig, ob es sich um einen deutschen Sekt, einen Champagner oder einen Cava handelt - es zählt alleine der Verkauf in Deutschland! 

Somit ist der voll schäumende Angebotssekt von 2,99 Euro mit der gleichen Schaumweinsteuer belegt wie der Champagner für 50 Euro. Und im Endverbraucherpreis ist neben der Sekt- auch noch die aktuelle Mehrwertsteuer enthalten. Berücksichtigt man dazu noch die Kosten für Verpackung und Flaschenausstattung, dann fragt man sich natürlich, wie viel Gewinn ein Winzer insbesondere bei günstigen Sekten erzielt - und welche Qualität man eigentlich im Glas hat. Der hochpreisige Prickler dagegen merkt die Abgabe kaum.

Mann schenkt eine Reihe von Sektgläsern an einer Bar im Abendlicht ein.
Die Qualität im Glas ist der Schaumweinsteuer egal.

Österreich sagt Nein zur Sektsteuer!

In Österreich hat die Schaumweinsteuer eine ähnlich lange Tradition wie in Deutschland. Zum Wohle der Allgemeinheit führte die sozialdemokratische Regierung 1922 eine Luxus-(Umsatz)steuer von 32 Prozent ein. Davon betroffen war auch der als Millionärssprudel bezeichnete Sekt. Mit dieser Abgabe konnte der Staat den Bau von über 60.000 Gemeindewohnungen finanzieren. Auch sie wurde im Zuge des EU-Beitritts 1995 zur Verbrauchssteuer mit 1,09 Euro pro Flasche Sekt umgewandelt. Seitdem war sie Spielball der politischen Orientierung. 

2004 wurde im Alpenstaat zum ersten Mal mehr Prosecco als Sekt konsumiert, welches vor allen Dingen den Angebotssekt sehr hart traf. Umgehend setzte die konservative Regierung die Steuer aus, und die Verkaufszahlen der Vollprickler stiegen von zwölf Millionen Flaschen im Jahr 2004 auf circa 25 Millionen Flaschen im Jahre 2013 an. 2014 regierten die Sozialisten das Land und führen die Steuer wieder ein. Mit dem Ergebnis, dass der Sektmarkt um 25 Prozent einbrach. Im Rahmen des Gastro-Corona-Hilfspakets 2020 setzte die aktuelle Regierung die Steuer wieder aus. Die 25 Millionen Euro Steuerersparnis sollen seitdem dem Kunden sowie der Gastronomie zugute kommen.

Palast Belvedere in Wien
Österreich hat die Schaumweinsteuer abgeschafft.

Deutsche Schaumweinsteuer - kein Abschied in Sicht

Seit jeher steht die Schaumweinsteuer auch bei uns in der Kritik. Von Wettbewerbsverzerrung, ungleicher Besteuerung gegenüber dem Stillwein ist unter anderem die Rede. Aber anders als in Österreich haben weder Politik noch die Sektproduzenten Ambitionen sie abzuschaffen. Dabei werden die staatlichen Einnahmen mehrheitlich durch die großen Sektkellereien generiert, deren Verkaufspreise niedrig angesetzt sind. Es ist aber genau diese Weinkategorie, die sich gegen die unbesteuerten Schäumer behaupten muss. 

Eigentlich könnte die Sektsteuer positives in puncto Schaumweinqualität bewirken, wenn sie teilweise der deutschen Sektindustrie zugute kommen würde. Somit wäre eine Förderung des ökologischen Weinbaus sowie eine bessere Marktpräsenz von Winzersekt durchaus möglich. Das Relikt aus längst vergangenen Tagen wird dem Fiskus auch weiterhin ein nettes Sümmchen in die Kassen prickeln, denn wir Deutschen werden sicher auch in Zukunft gerne ein Glas Schaumwein trinken.

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3 Antworten auf „Schaumweinsteuer - ein prickelndes Relikt!“