Weinglas: Die perfekte Form für jede Gelegenheit

Eine Auswahl an Weingläsern mit verschiedenen Weinsorten und Champagner, auf einem Tisch vor einer rustikalen Wand.

Ein voluminöser Shiraz benötigt ein anderes Weinglas als ein schlanker Pinot Noir. Selbiges gilt für Riesling oder Weißburgunder. Wir verraten Ihnen, in welchem Glas welcher Wein am besten zur Geltung kommt – und warum.

Um kaum ein anderes Objekt wird in der Weinwelt so viel Wirbel gemacht wie um das Weinglas. Einige Menschen betreiben eine regelrechte Wissenschaft darum, während Forscher anzweifeln, ob man tatsächlich Unterschiede schmeckt, wenn man für jede Rebsorte ein eigenes Weinglas verwendet, damit sich die jeweiligen Aromen bestmöglichst präsentieren können. Die Wahrheit liegt, wie so oft im Leben, wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Es gibt aber ein paar Punkte, bei denen sich Weinexperten wie auch Forscher einig sind. Nämlich zum Beispiel, dass die Größe des Kelches entscheidend ist.

Womit wir auch schon direkt beim Aufbau an sich wären. Ein Weinglas besteht aus einem Fuß, einem Stiel und einem Kelch. Der Fuß ist für die Standsicherheit auf dem Tisch verantwortlich. Sprich: er sorgt dafür, dass das Glas nicht so schnell umfällt, sollte man es aus Versehen einmal anrempeln. Am Stiel wird das Weinglas gegriffen. In den meist tulpenförmigen Kelch kommt dann eben das kostbare Gut: der Wein selbst. Und beim Kelch gilt: je größer beziehungsweise bauchiger er ist, desto mehr Luft kommt an den Wein. Wichtig ist bei den meisten Weingläsern, dass sie sich nach oben hin verjüngen. Der Grund: so konzentrieren sich die Aromen für den olfaktorischen Eindruck besser. In der Regel reicht es, wenn Sie jeweils für Rot-, Weiß- und Schaumwein ein passendes Glas haben - und gegebenenfalls ein paar spezielle Variationen. Schauen wir uns das also mal genauer an.
Zwei Gläser Rotwein stehen auf einem Tisch, im Hintergrund ist eine Weinflasche und Lichter zu sehen.

Das ideale Glas für Rotwein

"Der Wein muss atmen!" Ein Ausruf, den man vor allem bei Rotweinen gerne einmal hört. Weingläser mit einem großen Kelch sind hier also ideal. Dadurch bekommt der Wein eine größere Oberfläche spendiert und ergo auch mehr Luft. Bei vielen Kreszenzen macht allein dieser Umstand ein vorheriges Karaffieren meist überflüssig. Vor allem, wenn man den Wein noch ein wenig im Kelch schwenkt. Dieser Vorgang setzt dann auch die Aromen frei. Einem Genuss steht also nichts mehr im Wege.

Rotweingläser gibt es in verschiedenen Größen. Hier gilt die Faustregel: je intensiver der Wein, desto größer der Kelch. Ganz einfach, weil ein fülliger Shiraz aus dem Barossa Valley viel mehr von noch mehr Luft profitiert als ein schlankerer Chianti aus der Toskana. Auch ein Bordeaux mag besonders bauchige Weingläser. Deswegen haben viele Hersteller dafür ein extra Bordeaux-Glas im Portfolio, das mit einem sehr voluminösen Kelch besticht. Eine etwas andere Form hat hingegen das sogenannte Burgunder-Glas, das für Pinot Noir aus den besten Lagen erdacht wurde. Hier ist der Kelch nicht nur sehr groß und bauchig, sondern weicht auch von der Tulpenform ab. Denn die Glasränder neigen sich leicht nach außen. So entströmen die Aromen dem Weinglas etwas diffuser und breitflächiger. Gerade ein Pinot Noir wirkt dadurch noch harmonischer.

Klein aber fein: Das Weißweinglas

Auch Weißweine können sehr aromatisch sein. Riesling, Sauvignon Blanc, Scheurebe und Gewürztraminer sind da die besten Beispiele. Doch auch diese sind in Sachen Intensität etwas diskreter ausgestattet als Rotweine. Deswegen empfehlen sich hier generell mittelgroße Weingläser, die die Fruchtigkeit konzentrieren und nach oben leiten. Der Kelch hat also weniger Volumen und ist meist auch ein ganzes Stück kürzer als bei einem Rotweinglas.

Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Wenn Sie zum Beispiel einen Chardonnay genießen möchten, der im Holz ausgebaut wurde, ist dieser manchmal in einem größeren Weinglas besser aufgehoben. Einfach, weil er ein wenig mehr Luft braucht, um seine Aromen zu entfalten. Mittelgroße Weingläser eignen sich übrigens nicht nur für die meisten weißen Gewächse, sondern auch für Rosé-Weine. Gerade, wenn diese besonders fruchtig sind oder eine zarte Mineralität aufweisen.
Mehrere gefüllte Sektgläser mit aufsteigenden Bläschen vor unscharfem Hintergrund.

Ein Glas für Schaumwein

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Champagner, Sekt, Cava, Prosecco und Co. üblicherweise in sogenannten Champagner-Schalen ausgeschenkt. Also in Gläsern mit einem flachen Kelch, der oben breit geöffnet ist. Das sah nicht nur gut aus, sondern verfolgte auch eine gewisse Logik. Denn so können sich Aromen besonders schnell entfalten. Leider verschwindet aber auch die Kohlensäure recht zügig. Aus diesem Grund kommen die Schalen inzwischen fast nur noch bei Champagner-Cocktails zum Einsatz.

Inzwischen ist die Sektflöte der absolute Klassiker für Schaumweine. Also ein Weinglas mit einem besonders hohen und schmalen Kelch. Darin hält sich die Kohlensäure wesentlich länger. Und die Aromen werden gebündelt. Genau das ist manchmal aber ein Problem. Zum Beispiel bei sehr intensiven Jahrgangschampagnern. Oder einem lang gereiften Winzersekt. Da bekommt die Nase dann schon ordentlich was zu tun. Oft zu viel. Deswegen empfehlen Weinexperten, bei besonders reichhaltigen Schaumweinen einfach ein Weißweinglas zu nehmen. Oder aber die Variante, die wir Ihnen als nächstes vorstellen.

Der Weltenwanderer: Das Universalglas

Man kann es bei dem Namen bereits vermuten. Das Universalglas eignet sich sowohl für Rot- als auch für Weißweine. In der Regel hat es einen mittelgroßen, tulpenförmigen Kelch. Andere Versionen erinnern eher an einen umgedrehten Kegel, dessen Spitze weggeschnitten wurde. Was beide Varianten eint: der Kelch verjüngt sich nach oben hin, um die Aromen zu konzentrieren. Universalgläser eignen sich vor allem für junge Weine. Vom Grünen Veltliner über den Provence-Rosé bis hin zum jugendlichen Malbec. Selbst Portweine, die ja sonst in Gläsern mit einem kleinen Kelch gereicht werden, kommen hier sehr gut klar.
Eine Flasche Rotwein wird in ein Glas auf einem Holztisch gegossen.

Von Trends und Glasstärken beim Weinglas

Inzwischen gibt es auch immer mehr Weingläser, die ausschließlich aus einem Kelch bestehen und einem eleganten Wasserglas sehr ähnlich sehen. Es sind die sogenannten Tumbler. Sie sehen schick aus, sind sehr praktisch - und haben einen großen Nachteil. Denn ohne Stiel muss man den Kelch selbst anfassen. Wer sein Weinglas etwas länger in Händen hält, erwärmt mit seiner Körpertemperatur dementsprechend den Inhalt. Gerade bei Weißweinen ist das ein bedauerlicher Nebeneffekt.

Und wenn wir schon mal beim Temperaturunterschied sind, folgt direkt die nächste Faustregel. Je dünner ein Weinglas, desto unmittelbarer ist das Genusserlebnis. Maschinell gefertigte Gläser sind meistens recht dick. Zudem ist ihr Rand nicht geschliffen, sondern weist eine leichte Verdickung auf. Dadurch ist man zum einen gezwungen, größere Schlucke zu nehmen. Einfach, weil man den Mund tatsächlich weiter aufmachen muss, je dicker der Rand ist. Zum anderen landet der edle Tropfen nicht punktgenau auf der Zunge, sondern verteilt sich direkt großflächig im Mund. Es werden also alle unterschiedlichen Geschmacksrezeptoren auf einmal angesprochen. Das macht es schwierig, die einzelnen Aromen herauszuschmecken. Nun wird ein Wein in einem besonders dünnen Glas nicht automatisch besser. Andererseits wird ein hochwertiger Wein im falschen Glas aber durchaus klein gehalten. Es lohnt sich also, nicht nur auf die Größe, sondern auch auf Dicke eines Weinglases zu achten.

Weinglas: Auch aufs Design kommt’s an

Dass dem Weinglas im Genussbereich ein derart hoher Stellenwert zukommt, ist übrigens noch recht neu. Zwar kannten bereits die Ägypter 2600 vor Christus schon extra Trinkgefäße für Wein, die dann von den Griechen 600 vor Christus weiterentwickelt wurden, aber diese bestanden noch nicht aus Glas. Dieses Material kam erst im Mittelalter vermehrt zum Einsatz. Diese Weingläser waren dem Adel vorbehalten. Stichwort teure Herstellung. Im 13. Jahrhundert entwickelte sich Murano in der Nähe von Venedig zum Zentrum der Glasbläserkunst. Noch heute sind Murano-Weingläser überall auf der Welt beliebt.
Bunte, verzierte Glasbecher mit goldenen Mustern stehen auf einem Tisch.

Im späten 18. Jahrhundert indes erreichte das Weinglas dank einer sich entwickelnden Tafelkultur auch das Bürgertum. Bis in die 1920er-Jahre hinein verzierte man sie zudem sehr stark - oder färbte das Glas gar ein. An eine Weinverkostung, wie wir sie heute kennen, war damals also gar nicht zu denken. Die ersten schlichten Gläser, die dem Prinzip <b>"Form follows function"</b> folgten und damit genau ihrem Anwendungsgebiet entsprachen, wurden in den 1920er-Jahren am Bauhaus in Weimar entworfen. Leider konnten sie sich nicht lange auf dem Markt halten. Nach wie vor bevorzugte das Bürgertum dicke, schwere und verzierte Gläser. Erst <b>Claus Josef Riedel</b> konnte das nachhaltig ändern, als er in den 1960er-Jahren seine erste Weinglas-Serie herausbrachte, die ebenso schlicht wie vorteilhaft für die Aromen war. Diese Weinglas-Art setzte sich dann final auch bei den anderen führenden Glasproduzenten durch.

Finden Sie Ihr Lieblings-Weinglas

Inzwischen gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Weingläsern. Sie unterscheiden sich dabei teilweise sehr stark in der Form. Immer öfter findet man zum Beispiel stylische Knicke im Kelch, gewellte Glasränder oder bunte Stiele. Das ist alles sehr schön anzuschauen und hat für den Nebenbeigenuss aus absolut seine Berechtigung. Für eine Weinverkostung eignen sich solche Weingläser aber nicht. Denn sie verfälschen die Farbe des Weins oder auch seine Aromen einfach zu stark. Und auch im Alltag ist es gut, wenn man weiß, welches Weinglas einem am besten liegt.

Deswegen schlagen wir Ihnen jetzt statt einer Wein- eine Glasprobe vor. Verkosten Sie doch einfach mal Ihren Lieblingswein in so vielen verschiedenen Weingläsern wie möglich. Können Sie Unterschiede feststellen? Riecht der Wein anders? Oder weicht gar der Geschmack ab? Und dann ist da natürlich noch die große Frage: In welchem Weinglas schmeckt Ihnen Ihr Lieblingstropfen am besten? Herzlichen Glückwunsch! Damit haben Sie dann Ihr persönliches ideales Glas gefunden!